Freitag

Regentropfen

es wird düster und grau
der tief blaue Himmel, die strahlend weißen Wolken sind verschwunden
die Herkunft verschleiert
fallen sie aus dem Nichts
manchmal zaghaft und zart
dann wieder wütend und prasselnd

Millionen, Milliarden vielleicht
sind sie nichts als Wasser
stürzendes, fallendes, verwehtes Wasser
ergeben zusammen einen Fluß oder sogar einen kleinen See
und doch unterscheidet sie etwas
ist ihr Wesen anders

sie sind einzeln, sind losgelöst aus der Masse
wurden zu eigenen Körpern
zwar nur für kurze Zeit
für die Dauer des Herunterfallens, des Sturzes aus dem Himmel
danach, auf der Erde, werden sie wieder was sie immer waren
Regenwasser - Wasser

jeder Tropfen hat seine eigene Geschichte
so unwesentlich sie auch sein mag
doch nur in ihrer Gesamtheit werden sie von uns wahrgenommen
werden empfunden und gespürt
wir wissen, daß es viele sind
wann sind sie entstanden
wie weit sind sie gefallen
wo treffen sie auf
wer weiß es

sind sie nicht sehr menschlich
kommen aus dem Himmel
und stürzen - fallende Engelstränen vielleicht
das Ende gewiß

das bildet unsere Gemeinsamkeit
aus der wir alle kommen und
in die wir wieder eintauchen werden
spielt da ein einzelnes Leben eine Rolle
trostlos
nein, hoffnungsvoll
ein Regentropfen entsteht aus dem Meer
und geht im Meer wieder auf
aus dem er wieder neu entstehen wird
doch er geht nie verloren

wir Menschen
von irgendwoher kommen wir
und nach dem Leben gehen wir irgendwohin weiter
wenn wir unser Meer nicht kennen
heißt das nicht, daß es nicht trotzdem da ist

November 2002

Keine Kommentare: